Vom Energieanbieter zum Dienstleister rund um Energie und mehr.
Teil 1: Fünf typische „Baustellen“ mit klassischen Energiedienstleistungen
Bereits seit Jahren ist klar: Energiewende, Klimaschutz, Digitalisierung und verändertes Kundenverhalten werden zu einem nachhaltigen Umbau der Stadtwerk-Produktportfolien führen. Die Diversifikation des Angebots mit klassischen Energiedienstleistungen wie Beratungen, Energiemanagement, Thermographie, aber auch einer Ausweitung des Contractings erfordert von den Stadtwerken veränderte Vorgehensweisen. Hier fünf häufige „Baustellen“ im Umgang mit klassischen Energiedienstleistungen. Sie treffen natürlich nicht auf jedes Versorgungsunternehmen zu und reflektieren nicht die unterschiedlichen Ausbaustadien. Möglicherweise haben Sie schon die perfekte Integration in die Produktfamilien gefunden.
1. Rolle des Großkunden-Vertriebs: Vom problemlösenden Betreuer zum abschlussorientierten Lösungs-Anbieter
2. Von minutiös ausgetüftelten Problemlösungen zu standardisierten Lösungsangeboten
3. Vergraulen wir unsere bisherigen Partner?
In den vergangenen Jahren sind immer mehr Versorger mit Wärme-Komplettlösungen als Contracting- oder Pachtlösung in den Markt eingetreten. Diese Angebote binden zum Teil die lokalen Marktpartner (Heizungsbauer) als Installationsbetriebe und Serviceleistende mit ein. Immer häufiger wollen die Anbieter aber die volle Wertschöpfungskette einschl. des Anlagenbaus und der Wartung für sich realisieren. Insbesondere vor dem Hintergrund immer komplexerer und damit kostspieligerer Heizungssysteme (Stichwort: hybride Heizsysteme) macht dieser Ansatz natürlich Sinn. Damit geraten diese Stadtwerke aber in einen Konflikt mit den traditionellen Partnern, den Heizungsbau-Unternehmen. Hier könnte eine zweigeteilte Distribution helfen: Im Heimatmarkt über die lokalen Heizungsbau-Unternehmen, im überregionalen Markt aber mittels ausgewählter, ebenfalls großflächig tätiger Partner.
4. Kaufmännische Systeme für kleinteilige Produkte vorhanden?
Mit der Erweiterung des Angebotsportfolios mussten die Versorgungsunternehmen feststellen, dass die kaufmännischen Prozesse nur wenig für die standardisierte Abwicklung abweichender Geschäftsmodelle geeignet waren. In Folge wurden manuelle Einzellösungen mit entsprechendem Aufwand etabliert.
Zwar arbeiten die großen ERP-Anbieter der Versorgungswirtschaft seit Jahren an einer Ergänzung ihrer Software-Pakete um weitere Geschäftsaktivitäten bzw. neue Sparten abbilden zu können. Diese Versionen bzw. Updates sind aber nicht immer bereits implementiert, müssen noch auf das konkrete Geschäftsfeld zugeschnitten werden oder sind für erste „Gehversuche“ schlicht überdimensioniert.
5. Nachfrage, Marktpotenzial und Vertriebsgebiet ausreichend?
Strom‑, Gas- oder Wärmelieferungen eines Stadtwerks richten sich an nahezu alle Personen und Unternehmen im Vertriebs- oder Netzgebiet. Typische Energiedienstleistungen haben dagegen (noch) ein deutlich geringeres Marktpotenzial. Es gibt wesentlich weniger Bedarfsfälle, der Markt ist noch nicht ausreichend entwickelt und zum Teil bereits durch Angebote von spezialisierten Dienstleistern erschlossen. Eine Umsatzkompensation für verringerte Energielieferungen bieten sie nicht. Als komplementäre Angebote zur Energielieferung können sie aber wichtige Informationen und Ansatzpunkte für volumenstarke Lösungsangebote bereitstellen. Von der Analyse bis zu Wärmeliefer- oder Mobilitätsangeboten, Beleuchtungsleistungen u.v.m. ist es dann nur ein kleiner Schritt.
Plant man einen Vertrieb über das bisherige Vertriebsgebiet von Energie hinaus, tritt man nicht nur in den Wettbewerb mit benachbarten Versorgern und spezialisierten Anbietern, sondern muss auch das Angebot ggf. anders konzipieren. Beratungsintensität und Reisezeiten werden in der Kalkulation Berücksichtigung finden. Sind eventuell noch ausführende Dienstleister in das Angebot eingebunden, dürfte nur wenig Ergebnisbeitrag verbleiben.
Fazit:
Das Angebot klassischer Energiedienstleistungen ist für Stadtwerke ein MUSS, um in der Energiewende glaubwürdig zu sein, um Ansatzpunkte für den Vertrieb weiterer Produkte zu generieren, um Rundum-Problemlöser für alle Energiefragen zu sein. Ihre Einbindung in das Produktsortiment sollte aber im Hinblick auf die daraus gewonnenen Informationen und deren Nutzbarkeit bzw. Integration in großformatigere Lösungsangebote wie z.B. Wärme, Kälte, Quartiersversorgung, Beleuchtung oder Ladeinfrastruktur übergreifend geplant werden.